Foto: © Olaf Malzahn

»Land & Wogen«

Gustav Jenner (1865-1920)

Als Sohn eines Bäderarztes und Enkel eines Fischers verbrachte der in Keitum auf Sylt geborene Jenner seine ersten fünf Lebensjahre auf der nordfriesischen Insel. In Kiel besuchte er ab 1880 das Gymnasium, wo er mit den Söhnen von Klaus Groth befreundet war. Groth förderte das Talent des Heranwachsenden, indem er ihm zunächst Unterricht bei Hermann Stange in Kiel und Arnold Krug in Altona vermittelte. Nach dem Abitur schickte Groth ihn nach Wien zu seinem Freund Johannes Brahms, der ihn tatsächlich als einzigen Schüler überhaupt unterrichtete. Als Klavierlehrer und Leiter zweier Frauenchöre sowie des katholischen Kirchenmusikvereins in Baden bei Wien verdiente er sich seinen Unterhalt. Jenners berufliche Karriere nahm eine entscheidende Wendung, als er 1895 zum Musikdirektor und Dirigenten beim akademischen Konzertverein Marburg berufen wurde, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1920 wirkte. Jenners OEuvre umfasst in erster Linie Vokalkompositionen – bereits 1882 vertonte er in Kiel ein Groth-Gedicht für Chor und Klavier. Seine zwölf Quartette auf toskanisches Liedgut mit Klavierbegleitung hatte er zunächst für drei Frauenstimmen gesetzt. 1911 nahm er sich die Sammlung noch einmal vor und überarbeitete sie für vierstimmigen Chor und Klavier.

Die hier ausgewählten Stücke reichen vom sehnsuchtsvollen Liebeslied (»Ich schick dir die Vögel als Boten«) über süffisante Szenen wie »Will dich lehren was von Liebe« bis zur klösterlichen Liebe wie in »Junger Knabe, der du gehest«. Eine interpretationswürdige Besonderheit ist das Lied »Ich bin klein«, dessen alt überlieferter Text auf den Verfall der Sitten in den Nonnenklöstern des Spätmittelalters anspielt, in denen zunehmend getanzt und getrunken wurde und adelige Nonnen goldene Haarnadeln, Silbergürtel oder Edelsteinringe besaßen: Ein kleines Mädchen ist von seinen reichen Eltern ins Kloster abgeschoben worden und versteht die Welt nicht mehr.

– Selke Harten-Strehk


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